Erdstall Köppach, Gemeinde Atzbach, Bezirk Vöcklabruck, OÖ.

1. Forschungsgeschichte
Von der Gemeinde Atzbach gibt es Bestrebungen, neues Bauland zu widmen. Als geeignete Fläche wurde eine Parzelle in Atzbach ausgewählt. Bei der Bekanntgabe dieser Umwidmungspläne wurde das Bundesdenkmalamt um Stellungnahme gebeten. Da aus den Fundakten bekannt war, dass auf dieser Parzelle im Jahr 1932 beim Ackern ein Pferd in einen Erdstall eingebrochen ist, wurde die Gemeinde über diese archäologische Verdachtsfläche informiert. Bürgermeister Berthold Reiter nahm deshalb Kontakt mit dem Bundesdenkmalamt auf.

Das Bundesdenkmalamt ersuchte den Erdstall-Spezialist Josef Weichenberger, den Erdstall zu dokumentieren. Aus älteren Berichten war bekannt, dass der Erdstall-Einstieg mit einem Mühlstein abgedeckt wurde. Am 4. März 2021 begann ein kleiner Bagger eines Bauunternehmens auf der Wiese der Parzelle mit Suchschnitten nach diesem Mühlstein zu suchen. Am Abend dieses Tages konnte der Mühlstein aufgefunden werden, es stellte sich aber heraus, dass darunter der Einstiegschacht des Erdstalls vollständig verfüllt war.

Am nächsten Tag wurde nun versucht, diesem verfüllten Einstiegschacht nachzugraben und in gut 5 m Tiefe konnte auch die Decke des unterirdischen Ganges angefahren werden.

Am Montag 8. März 2021 untersuchten dann Josef Weichenberger und Experten des „Landesverein für Höhlenkunde in Oberösterreich“ die Situation. Es zeigte sich, dass der Erdstall bis auf 15 cm Höhe mit sterilem eingeschwemmtem Einfüllmaterial aufgefüllt war. Um eine Befahrung und Beurteilung der unterirdischen Anlage überhaupt erst möglich zu machen, musste das Einschwemm-Material entfernt werden. In einer zweitägigen Aktion konnte dann der Erdstall so weit freigelegt werden, dass eine Befahrung möglich war.

Es zeigte sich ein 30 m langer typischer Erdstall, der am Ende verschüttet ist. Aus einer älteren Beschreibung und Planskizze ist bekannt, dass der Erdstall ursprünglich 39,25 m lang war. In der auf der alten Planskizze eingezeichneten Gangfortsetzung bildeten sich zwei offene Schlote aus, die – von der Gangsohle gemessen – fast 5 m Höhe gehabt haben sollen. Es lässt sich anhand dieser Zeichnung erkennen, dass es sich dabei um Bau(hilfs)schächte gehandelt hat.

Der Grundbesitzer, Herr Wagner, wusste, dass Anfang der 1960er Jahre ein Traktor eingebrochen ist und der freigelegte Hohlraum aufgefüllt wurde. Diese Aussage passt gut zu der im Erdstall nach 30 m angetroffenen Verfüllung.

2. Beschreibung des Erdstalls
Vom einstigen 6 m tiefen Einstieg (5 m Überdeckung plus 1 m Ganghöhe) führt ein niedriger, 60 cm breiter Kriechgang Richtung Nordost. An der nördlichen Wand sind 4 Lampennischen eingeschlagen. Der anschließende Quergang ist in südlicher Richtung verstürzt, in nördlicher Richtung schließt ein waagrechter (sehr enger) Schlupf an, der in eine 1,2 m hohen und ebenso breiten Kammer mündet. An der linken Wand ist eine schmale Sitzleiste ausgebildet, an der rechten Wand gibt es eine breitere Sitzbank. Von der 4 m langen Kammer führt eine senkrechte Schlupfröhre nach oben. Dieser Schlupf ist mit seiner Dimension von 30 mal 33 cm ausgesprochen eng. Vor dem Durchkriechen empfiehlt sich, den Helm abzunehmen. Es folgt ein winkelig verlaufender Kriechgang mit mehreren Lampennischen, der nach 6 Metern in einen schräg aufsteigenden Schlupf übergeht. Nach einem kurzen waagrecht verlaufenden Gangstück schließt ein senkrecht nach unten führender Schlupf an. Der Abstieg in den darunter liegenden Kriechgang ist noch leicht zu bewältigen, während sich der Aufstieg mangels Trittstufen und Trittnischen als knifflig erweist. Der unterste Gangabschnitt ist nach 3 Metern verstürzt.

Gesamtlänge knapp unter 30 m , 4 Schlupfe, ausgesprochen kleinräumig.

Die Funde aus dem Erdstall wurden dem OÖ Landesmuseum übergeben. Es handelt sich um Holzkohlenstücke (wahrscheinlich von Kienspänen), 7 Tonscherben und eine in mehrere Stücke zerbrochene sehr poröse Platte. Zwei Holzkohlen-Stückchen sollen mittels C14 Datierung auf ihr Alter bestimmt werden.

Lage des Erdstalls
Ortschaft Köppach, Gemeinde Atzbach
Auf der anderen Straßenseite liegt eine Kapelle, die in einem sehr schlechten Zustand ist und dringend saniert werden sollte. Sie ist 53 m vom Erdstall-Einstieg entfernt.

3. Empfehlung
Da von den 350 bekannten Erdställen Oberösterreichs nur mehr 22 zugänglich sind, ist jeder weitere Erdstall, der irgendwo aufgedeckt wird, möglichst zu erhalten – sofern es die Bausubstanz zulässt.

Der 30 m lange Köppacher Erdstall weist einerseits ein typisches Gepräge auf (viele Lampennischen, räumliche Enge, winkelige Gänge, vier Schlupfen und Kammer mit zwei Sitzbänken) und besitzt andererseits auch einzigartige Alleinstellungsmerkmale (Dreier-Kombination von waagrechtem Schlupf, senkrechtem Schlupf und schrägem Schlupf plus dem (derzeit verfüllten) äußerst seltenen Bauhilfsschacht, der nicht wie sonst üblich, den Gang seitlich aufschließen, sondern direkt auf dem Gang situiert ist). Die Bausubstanz des Erdstalls zeigt sich in einem guten Zustand.

Aus den angeführten Gründen ist der Köppacher Erdstall unbedingt erhaltenswert.

Wir empfehlen, an der Stelle des ehemaligen Einstiegs einen Kanalschacht (jeweils mit Steigeisen-Klampfen versehen) zu errichten und mit einem Kanaldeckel abzuschließen.

Der Kanaldeckel des Einstiegschachtes soll bei der späteren Parzellierung und Verbauung des Grundstücks so berücksichtigt werden, dass er auf öffentlichem Grund zu liegen kommt.

Da es auch noch verstürzte Teile des Erdstalls gibt, ist bei der Verbauung des Grundstücks auf Anomalitäten des Untergrunds (insbesondere Verfüllungen) und Hohlräume zu achten und bei deren Auffindung das Bundesdenkmalamt zu verständigen.

4. Links
Kronen-Zeitung-Beitrag:
https://www.krone.at/2363507

Rundschau-Beitrag:
https://www.meinbezirk.at/voecklabruck/c-regionauten-community/erdstall-in-koeppach-freigelegt_a4522775

Gemeindeamt Atzbach:
https://www.atzbach.ooe.gv.at/Erdstall_in_Koeppach

Video von Tom Scheucher:

5. Weitere Erdställe in der Umgebung

Köppach
Erdstall Köppach: In der Schulchronik der Volksschule Atzbach gibt es eine Beschreibung und Planskizze von Oberlehrer Franz Kinzl.

Reichering Nr. 10
Lambert Karner dokumentierte in seinem Buch „Künstliche Höhlen aus alter Zeit“, Wien 1903, Seite 191 bis 193 den Erdstall von Reichering, Plan IX, Nr. 3

Tafel XIV: Kammer mit Sitzbänken und Einmündung von drei Schlupfgängen zu Reichering.

und Abbildung auf Seite 191: Fig. 61: Waagrechter Schlupfgang in der Höhle zu Reichering

Seite 192: Fig. 62: Schwert, gezeichnet von L. H. Fischer. Der Waffenkenner Herr Dr. Forrer von Strassburg, beurteilte es als Reiterschwert aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges

„Die Höhle von Reichering befindet sich beim Bauerngute des Johann Maier, der sie ebenfalls gelegentlich des Schliergrabens beiläufig in der Mitte des von seinem Hause in die Tiefe abfallenden Hügels entdeckte; es wurde die Stirnseite der Schlusskammer bloßgelegt und von da an das ganze Innere der Höhle zugänglich gemacht, die sowohl in ihrer Anlage als in ihren Details von hervorragender Bedeutung ist.“

Es handelt sich um das Mayrgut, Reichering 10, Gemeinde 4904 Atzbach.

Oberholzham Nr. 3
Lambert Karner erwähnt nach der Beschreibung des Erdstalls Reichering noch Folgendes (S. 193):

„Bei zwei Stunden ostwärts von Reichering befindet sich, vom Bauernhause des Johann [richtig: Franz] Hofmaninger in Ober-Holzheim [richtig: Holzham] einige 100 Schritte östlich, im Freien der Eingang zu einer Höhle im Bergabhange. Anfangs verengt, erhöht sich der 0,7 m breite Gang zu 1,5 m und führt in gerader Linie nach Nordwest. Nach kurzer Strecke zweigt ein Seitengang rechts ab, doch schon nach 1,6 m biegt er wieder im rechten Winkel um, um dann abermals im rechten Winkel in den Hauptgang zurückzuführen, also ein Rundgang. Wie es scheint, hat an der Stelle der zweiten Umbiegung ein Gang nach Nord geführt. Nach weiteren 6 m schließt der Hauptgang ab und besitzt vom Ende linksseitig eine Sitznische.

Bemerkenswert ist hier, dass die Lichtnischen Dreieckform haben; auch ist in der Gangwand die Jahreszahl 1530 zu lesen.“

Die heutige Adresse dieses Anwesens ist Oberholzham 3, 4904 Atzbach.

Freundling Nr. 8
Auch beim Bauernhaus vulgo Weihwimmer, Freundling 8, soll es ebenfalls einen Erdstall gegeben haben.[1]

Waiding Nr. 6, Gemeinde Wolfsegg
Bei Arbeiten mit einer Schubraupe am Feld zwischen Weihwimmerholz und Mairholz stieß man auf einen unterirdischen Gang, ca. 1961. Vulgo Kaltenbrunner in Waidring 6, Gemeinde Wolfsegg.[2]

Litzlfeld, Gemeinde Wolfsegg
Nahe der Ortschaft Litzlfeld war ca. 1980 die Öffnung eines Erdstalls bekannt geworden. In einen freigelegten Gang konnte man auch hineinkriechen.[3]

Timelkam
Aus der Zeit um 1900 gibt es noch einen Hinweis, dass es auch zu Timelkam, wo die Kaiserstraße über den Berg gegen Seewalchen führt, in der Berglehne eine Höhle gibt, aus der sieben Gänge ins Innere führen sollen. Dort wurden wiederholt Schwerter etc. gefunden.[4]

6. Dank

Besonderer Dank gilt
den emsigen Helfern des Landesvereins für Höhlenkunde in Oberösterreich:

  • Peter Brummer
  • Erhard Fritsch
  • Thomas Scheucher
  • Gerhard Wimmer
  • Bernhard Zauner

Mag. Heinz Gruber, Bundesdenkmalamt

  • dem Team der Gemeinde Atzbach
    allen voran Bürgermeister Reiter
    Vizebürgermeister Ing. Obermair und
    Amtsleiter Dipl. Ing. Thalhammer
  • dem Grundbesitzer Harald Wagner
  • Hans Schmidinger
    pensionierter Volksschuldirektor, Atzbach, für seine Informationen über weitere Erdställe in der Umgebung
  • Fritz Strohbach, Heimatforscher aus Atzbach

[1] Mitteilung vom 8.3.2021 von Hans Schmidinger, pensioniertem Volksschuldirektor, 4904 Atzbach
[2] Mitteilung vom 8.3.2021 von Hans Schmidinger, pensioniertem Volksschuldirektor, 4904 Atzbach
[3] Mitteilung vom 8.3.2021 von Hans Schmidinger, pensioniertem Volksschuldirektor, 4904 Atzbach
[4] Lambert Karner, Künstliche Höhlen aus alter Zeit, Wien 1903,
S. 193: Nachricht von der General-Oberin der Schulschwestern zu Judenau (Amstetten), Frau Angela Zauner