Rätselhafter Gang unter Bauernhof in Sankt Roman gefunden

Forscher des oberösterreichischen Landesvereins für Höhlenkunde und des deutschen Arbeitskreises für Erdstallforschung haben bei einer Grabung im Keller eines Bauernhauses in der Gemeinde Sankt Roman (Bez. Schärding) erste Teile eines rätselhaften unterirdischen Ganges freigelegt.

Der Gang war entdeckt worden, als der Besitzer des Bauernhofes mit einigen Spatenstichen erkunden wollte, ob sich hinter einer Nische in seinem Keller möglicherweise ein weiterer Kellerraum befindet. Bei den Grabungsarbeiten in der Kellernische ist er zwar nicht auf eine Fortsetzung des Kellers, dafür aber auf einen schmalen in den Felsen geschlagenen Gang gestoßen, der bis zur Decke hin mit Erdreich verfüllt war.

Die herbeigerufenen Experten konnten im Zuge der Grabungsarbeiten auf einer Gangstrecke von 4 Metern und 80 Zentimetern mehrere Kubikmeter Erdreich entfernen. Ans Licht der Scheinwerfer ist ein Gang getreten, der rund 80 Zentimeter breit ist und ein kastenförmiges Gangprofil aufweist. Bemerkenswert ist, dass der Gang etwa alle 40 Zentimeter einen auffälligen Versatz aufweist. An dieser Kante verjüngt sich das breiter werdende Gangprofil wieder auf 80 Zentimeter. An den Wänden und der Decke des Ganges sind deutliche Hau-Spuren von den Werkzeugen zu erkennen, mit denen der Gang in das verwitterte Gneis-Gestein geschlagen worden ist.

Erhard Fritsch und Josef Weichenberger beim Freilegen des Ganges.

Sowohl Alter als auch Zweck des entdeckten Ganges sind unklar. Aufgrund des Gangprofils kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass es sich um einen Erdstall handelt. Sowohl die Kastenform als auch die Breite von 80 Zentimetern sind untypisch für Erdställe, die üblicherweise maximal 60 Zentimeter breite Gänge und einen bogenförmigen Deckenabschluss aufweisen.

Erste Hinweise auf den Zweck des Ganges haben sich ergeben, als bei der Grabung in einem 50 Zentimeter breiten Schnitt die Gangsohle erreicht wurde, wo sich erste Spuren einer dunkel gefärbten Brandschicht mit Ruß- und Kohleresten fanden. Am Grund des 160 Zentimeter hohen Ganges konnte ein Rohr mit etwa 20 Zentimetern Durchmesser freigelegt werden. Weder das Material noch das Alter des Rohres konnten festgestellt werden.

Durch den Fund des Rohres und die Brandschicht ergibt sich eine erste spekulative Vermutung: Bekannt ist, dass das Bauernhaus im Jahr 1910 abbrannte. Möglicherweise wurde im Zuge des Wiederaufbaus des Hauses eine Entwässerungsanlage für einen weiteren Kellerraum angelegt, der um rund 1,5 Meter tiefer liegt, und dem Anschein nach älter ist. Gestützt wird diese These durch die Tatsache, dass in dem tiefer liegenden Keller-Raum ein Entwässerungsrohr aus dem Boden tritt und dass der entdeckte Gang sich von der Richtung her in etwa auf den tiefer liegenden Keller zubewegt.

Zu denken gibt jedoch der enorme Aufwand, der mit der Errichtung des zumindest 15 Meter langen, 1,6 Meter hohen und 80 Zentimeter breiten Ganges verbunden gewesen sein muss. Um ein simples Entwässerungsrohr zu verlegen hätte auch ein deutlich niedrigerer und engerer Gang ausgereicht. So erscheint es denkbar, dass der Gang bereits früher vorhanden war und ursprünglich einem anderen Zweck diente, bevor er nachträglich für die Verlegung des Entwässerungsrohres verwendet wurde. Genauere Erkenntnisse soll eine weitere Grabung bringen, bei der der restliche Gang freigelegt werden soll.

Unter diesem Haus in der Gemeinde St. Roman, Bezirk Schärding in Oberösterreich, konnte der unterirdische Gang freigelegt werden.
Situation vor Beginn der Freilegungsarbeiten. Die Nischen im Keller (gelber Sack) kam dem Hausbesitzer seltsam vor. Er untersuchte den Boden und stellte fest, dass von hier ein unterirdischer Gang wegführt. Er meldete dies dem bayerischen Arbeitskreis für Erdstallforschung und so kam es zur Freilegungsaktion.
14. April 2012, 10:00 Uhr: Beginn der Freilegungsarbeiten. Auffällig ist sofort das lockere Einfüllmaterial.
Gesamtsituation im Keller
Das Haus war früher eine Gaststätte, dies ist nur einer von drei Kellern
Das Aushubmaterial wird nach Funden durchsucht. Links im Bild Peter Forster (Arbeitskreis für Erdstallforschung), rechts mit gelben Helm: Erhard Fritsch (Landesverein für Höhlenkunde in Oberösterreich und zugleich Arbeitskreis für Erdstallforschung), im Hintergrund: Josef Weichenberger (Landesverein für Höhlenkunde in Oberösterreich und Arbeitskreis für Erdstallforschung)
Das Aushubmaterial ist fundleer.
Beim Studium der alten Karte (Urmappe von 1826).
Nikolaus Arndt versucht anhand der alten Karte zu ergründen, welche Bauphasen im Haus stecken, wie sie sich entschlüsseln und mit dem unterirdischen Gang in Verbindung bringen lassen.
Peter Forster (in rot) versucht mit Hilfe einer Sondierstange den weiteren Verlauf des Ganges unter dem Kellerboden festzustellen.
Akribisch genaues Arbeiten bei der Freilegung. Am Foto: Erhard Fritsch
Die Freilegungsarbeiten bedingen bestimmte Zwangshaltungen – eine anstrengende, konzentrierte Arbeit.
Blick zur Decke des Ganges, der bis oben hin verfüllt ist.
In Aktion: Peter Forster (in rot), Erhard Fritsch (gelber Helm) und Josef Weichenberger (rechts).
Wenn etwas dran ist, an der Vorstellung von der Wiedergeburt, dann muss Peter Forster in einem früheren Leben ein Maulwurf gewesen sein ;-)
Peter Forster in seinem Element, voller Arbeitseifer und Begeisterung für die Erdställe.
Spannend: Wie geht’s weiter?
Rätselfrage an den Betrachter: Was ist anstrengender, das Arbeiten im Knien oder im Liegen?
Ungewöhnlich: das Kastenprofil des Ganges.
Nach ca. 80 cm verringert sich immer wieder der Querschnitt des Ganges. Was hat das zu bedeuten?
Das Kastenprofil und die Gangbreite von über 80 cm nähren den Verdacht, dass es sich nicht um einen Erdstall handelt.
Jetzt geht es in Tiefe. Wie wird die Gangsohle aussehen?
Die Arbeit ist schweißtreibend.
Um das Gangprofil bis zur Sohle freizulegen, wird bis spätabends gearbeitet.
Diskussion vor Ort mit dem Hausbesitzer: Wozu schuf man mit enormen Aufwand diesen 1,7 m hohen und gut 80 cm breiten unterirdischen Gang?
Der Bauhof der Gemeinde St. Roman hat einen Kipper zur Verfügung gestellt, auf dem das Aushubmaterial abtransportiert wird..
Die Ortschaft Jetzingerdorf besticht durch die einheitliche Architektur der historischen Holzhäuser.